Um es mit Rüdiger Hoffmann, dem berühmten Paderborner Kabarettisten, zu formulieren:

„Ich weiß nicht, ob Sie’s schon wussten?! Die Geschichte vom Sündenfall im Paradies muss umgeschrieben werden!“

In den Gärten von Schloss Trauttmansdorff in Meran habe ich diese Skulptur entdeckt und war völlig perplex im Blick auf die Darstellung des Sündenfalls aus Südtiroler Sicht: Adam hilft seiner Eva, den Apfel der Erkenntnis zu pflücken!!!

Der Sündenfall muss demnach theologisch nochmal völlig neubewertet werden.

Nicht Eva mit ihrer Neugier und ihren Gelüsten ist die Alleinschuldige für die Vertreibung aus dem Paradies! Der Adam ist Mittäter! Er setzt sie sich auf seine kräftigen Schultern und hilft ihr den Apfel der Erkenntnis zu pflücken!

Kilometer theologischer Abhandlungen über den Sündenfall und die Verderbtheit des weiblichen Geschlechts müssen eingestampft werden! Der Adam war’s! Ohne ihn hätte Eva den Apfel gar nicht pflücken können!

Zur Erinnerung der Sündenfall und die Vertreibung aus dem Paradies in der Deutschen Einheitsübersetzung (Genesis 3,1-3,24).

Nach der Bayerischen Weltgschicht von Michl Ehbauer lag das ursprüngliche Paradies im schönen Bayernland.

Dort könnte sich das Ganze folgendermaßen abgespielt haben:

An einem sonnigen Samstagnachmittag im Paradies im Bayrischen Oberland. Eva liegt im Liegestuhl und studiert eine Frauenzeitschrift. Adam döst mit Strohhut im Gesicht unter einem Sonnenschirm, neben ihm ein kühles Bier. Es ist schon das vierte. Es entspinnt sich folgender Dialog:

Eva: „Duuu, Schaaatz!“

Paradies Südtirol 3

Adam (etwas mürrisch, weil ihn Eva nicht in Ruhe dösen lässt): „Was ist denn schon wieder, mein Schnuckiputzi!“

Eva: „ Ich lese da gerade wieder über den einen Apfel – na, du weißt schon den, den wir nicht essen sollen. Der soll so richtig toll süß und schmackhaft sein! Mit einem gewissen Etwas! Den möchte ich unbedingt haben!“

Adam: „Dann geh‘ halt und kauf‘ ihn Dir!“

Eva: „Aber Schatzi, Du weißt doch, im Paradiso ist nur für Selbstpflücker! Und in zwei Stunden wird’s schon finster! Ach bitte, bitte, bitte, hol mir doch den Apfel!“

Adam (ein Fan des SC Paderborn und von 1860 München): „Muss das das denn unbedingt jetzt sein? Ich muss heute unbedingt Sportschau gucken, wegen SC Paderborn und Klassenerhalt und so!“

Eva (mit Schmollmund säuselnd, mit der Hand sinnlich Adams Arm streichelnd): „ Aber Schatzi! Wenn Du jetzt gleich gehst, dann schaffst Du das noch bis zur Sportschau! Bitte, bitte, bitte! Dann bin ich heute Abend auch gaaaaanz lieb zu Dir!“

Adam (kürz überlegend, ob ihm eine missgelaunte Frau oder ein schöner sinnlicher Abend , wohlgemerkt nach der Sportschau, lieber ist und sagt dann mit butterweicher Stimme): „O.K. Schatzi! Aber Du fährst – ich habe schon zu viel Bier intus!“

Eva springt freudig auf, richtet sich kurz die blonden Haare, zieht den Lippenstift nach und fährt das schnittige rote Coupè einer Nobelmarke vor. Adam erhebt sich ächzend mit einem gezwungenen Lächeln im Gesicht und lässt sich auf den Beifahrersitz plumpsen. Eva fährt mit durchdrehenden Reifen los, gibt richtig Gas, ohne auf die Geschwindigkeitsbegrenzungen zu achten. Adam presst sich in den Autositz und hält sich an der Türverkleidung fest.

Er überlegt kurz, wie er seine Frau zum langsameren Fahren motivieren kann, ohne einen Streit zu riskieren. Dann säuselt er: „ Du, Schatzi, wir haben noch genügend Zeit bis zur Sportschau!“

Eva reagiert nicht verbal auf diesen dezenten Hinweis Adams, zuckt mit den Mundwinkeln, presst die Lippen zusammen und drückt mit ihrem Jetzt-erst-recht-Lächeln das Gaspedal noch weiter durch.

Adam verstummt und ist froh, wenn auch etwas durchgeschwitzt, unversehrt im Paradiso anzukommen.

Stumm steigen beide aus. Eva hat den die anderen Bäume überragenden Apfelbaum sofort erspäht. Sie fasst Adams Hand und zieht ihn zielstrebig hinter sich her. Adam stolpert, schürft sich das Knie auf und rappelt sich mit einem „Himmelhergottkruzifix!“ hoch. Eva schaut ihn giftig an und reißt ihn immer noch an der Hand haltend hinter sich her auf den Baum zu.

Am Baum bleibt sie stehen. Sie richtet ihren Blick nach oben und fixiert den wunderbar rot glänzenden Apfel. Adam folgt ihrem Blick und denkt: „ Oh, die will bestimmt, dass ich da hinaufklettere und den Apfel pflücke!“

Adam hat den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, da trifft ihn schon der stumme auffordernde Blick Evas. Ein kecker Blick, mit kurz hochgezogener linker Augenbraue angesetzt. Und dann das Leuchten in ihren Augen, das er so liebt und dem er nicht widerstehen kann!

„Du Schatzi, Du weißt doch, dass ich Höhenangst habe. Ich setzte Dich einfach auf meine Schultern und dann kommst Du bestimmt an den Apfel heran. O.k.?“

Eva nickt schweigend. Adam geht ein wenig in die Hocke, fasst mit seinen muskulösen Armen die wohlgeformten Hüften seiner Frau, setzt sich Eva auf die Schultern und drückt sich mit seinen kräftigen Oberschenkeln in die Höhe.

Eva reckt sich nach oben und pflückt den Apfel. Adam setzt Eva mit einem freudigen „Heppa!“ auf dem weichen Boden ab. Eva blickt auf den Apfel, dann auf Adam. „ Oh, mein starker Adam!“ Sie umarmt seinen männlichen Körper

und drückt ihm einen leidenschaftlichen Kuss auf den Mund.

Dann reicht sie Adam den Apfel. Adam versteht die Geste und bricht ihn mit einem kräftigen Ruck in zwei Hälften. Beide sehen sich lächelnd an und essen genüsslich schmatzend den saftigen süßsäuerlichen Apfel mit dem Kerngehäuse. Adam sammelt die Kerne in seinem Mund, spuckt sie in seine Hand und sie sich mit einem „Man weiß ja nie, wozu man die noch brauchen kann!“ in die Hosentasche. Eva tut es ihm gleich und gibt ihm auch ihre Apfelkerne.

Wie zwei Frischverliebte schlendern sie Händchen haltend zum Auto und fahren zum Erstaunen Adams in einem gemäßigten Tempo zurück. Evas langes blondes Jahr flattert im Wind, Adam sitzt entspannt lächelnd neben ihr. Beide scheinen glücklich.

Doch diese Idylle findet ein jähes Ende. Als sie sich mit dem Auto ihrem Haus nähern, sehen sie davor zwei Polizeiautos mit Blaulicht stehen. Eva bremst blitzschnell und hält am Straßenhand in sicherer Entfernung zu den Polizisten. Adam und Eva schauen sich an. Sie wissen, dass sie Verbotenes getan haben. Für gegenseitige Vorwürfe haben sie keine Zeit. „Los, Eva, ab in den Süden!“ ruft Adam.

Eva dreht blitzschnell um und fährt Richtung Süden. Geld für eine Tankfüllung finden sie noch im Auto. Über Innsbruck und den Jaufenpass gelangen sie ins Etschtal. Dort lassen sie sich in er Nähe Merans nieder. Sie verkaufen ihr Auto und erwerben ein Fleckchen Erde.

Paradies Südtirol 4

Aus den Kernen des verbotenen Apfels, die Adam in weiser Voraussicht aufbewahrt hatte, züchten sie schmackhafte Apfelsorten, bauen sie im Schweiße ihres Angesichts an und leben dort glücklich und zufrieden von deren Verkauf. Wenn Sie abends nach getaner Arbeit mit einem Gläschen Wein oder einem selbstgebrannten Obstler in der Hand und mit Blick ins Etschtal auf der Bank sitzen, denken sie oft: „Wir mussten ein Paradies verlassen und haben ein neues Paradies gefunden!“Paradies Südtirol 5

 

So könnte es gewesen sein!

Die Südtiroler Äpfel und die Skulptur in den Gärten von Schloss Trautt-mansdorff bei Meran legen diesen Schluss nahe. Eva war nicht die Alleinschuldige, sondern Adam hat tatkräftig das Pflücken des Apfels im alten Paradies unterstützt. Und die sinnlichen Gelüste von Eva sowie die weit-sichtige Art von Adam haben ein sinnenfreudiges Paradies entstehen lassen:

Südtirol – das Paradies auf Erden

Über den Autor Reinhard Fukerider

Reinhard Fukerider, Jahrgang 1958, ist Gründer und Inhaber von Fukerider Coaching. Zu seinen Stärken gehören:
Gut zuhören, die richtigen Fragen stellen, komplexe Paar-, Gruppen- und organisationsdynamische Prozesse begleiten

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